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Entehrung eines Berufes

Entehrung eines Berufes

19. Mai 2019 
Liebe Leser, 

vielen Dank für Eure konstruktiven Meinungen und Euer Feedback für meine letzten Beiträge. Es waren so zahlreiche dass ich es noch nicht geschafft habe, allen persönlich zu antworten. Ich bein aber dabei und ich werde jedem auch antworten. 
Heute geht es um die "Entehrung" eines sehr wunderbaren Berufes. Wie so vieles im Leben hat jede Seite zwei Medaillen. Zum einen ist es wirklich schön, dass viele Menschen in den Beruf des Schauspielers hineinriechen können durch sogenannte Scriptet reality Sendungen. Leider ist es aber auch gleichzeitig schon fast ein "Fluch". Die Berufsbezeichnung "Schauspieler/in" ist nicht geschützt. Jeder darf sich also ungestraft Actor oder Schauspieler nennen. Ob er nun ausgebildet worden ist oder nicht. Da ich auch eine Castingagentur betreibe bekomme ich immer häufiger von Menschen Bewerbungen, die sich "Schauspieler/in" nennen, ohne eine fundierte Ausbildung gemacht zu haben. Viele glauben tatsächlich, wenn sie in Scriptet reality-Sendungen mitgewirkt haben, sie hätten das Zeug zum richtigen Schauspieler. Dass sie typenbedingt besetzt werden und in der Regel sich selbst mimen, dass sie mehr Improvisation als wahres Schauspiel zeigen, ist ihnen nicht bewusst. Ich bilde ja schon seit Jahrzehnten Schauspielschüler aus. Und ich stelle immer öfter fest: Die heutigen Schüler haben zum großen Teil keine Ausdauer mehr, können sich nicht konzentrieren, spiegeln sich nicht selbst wieder sonderen suchen Außen nach Gründen ihrer Fehlbarkeiten, sie sind nicht kritikfähig und können sich keine Texte merken. Woher kommt dieser Wandel? Gerade heute hat fast jeder in unserer Gesellschaft die Möglichkeit alles zu werden. Aber die oben genannten Punkte ziehen sich durch sämtliche Sparten aller Berufe. 
Die sogenannten Hartz 4 Sendungen zerstören ein ehrenhaftes Berufsbild. Schauspieler wachsen nicht von den Bäumen. Warum halten sich zahlreiche ernsthafte Schauspieler über Jahrzehnte? Warum sind viele nur "Eintagsfliegen"? 
Weil die einen ihr Fach gelernt haben, von der Pieke auf. Die anderen sind eingestiegen, nebenbei! Und halten sich für die Größten. 
Es gibt einen emensen Unterschied zwischen einem Darsteller und einem Schauspieler. Und wer glaubt, ohne Ausdauer, ohne Kritikfähigkeit, ohne Durchhaltevermögen, ohne langjähres Training, ohne Ausbildung, ohne Pünktlichkeit, ohne Texsicherheit in diesem Beruf mehr als Scriptet reality spielen zu können, unterliegt einem Irrtum. Sicher, Ausnahmen bestätigen die Regeln. Aber wil man darauf hoffen, eine Ausnahme zu sein? Hoffen das nicht hunderttausende andere auch? 
Der Beruf des Schauspielers wird durch diese Sendungen immer mehr entehrt. Die Gagen der Berufsschauspieler sind im Keller. Man sagt zwar, dass man nicht von diesem Beruf leben kann, aber warum ist das eigentlich so? Weil es wenig hochwertige Filme und Sendungen gibt. Weil es eine Schwämme von Möchtegerns gibt. Weil TV billig produziert werden muss! Mit billigen Leuten!! Darum sind sie im Fernsehen zu sehen. Nicht, weil sie etwa zu vergleichen sind mit der hochkarätigen Schauspielerin Hannelore Elsner oder dem Schauspieler Jan Josef Liefers. 
Nur die Harten kommen in den Garten. Aber die gibt es kaum noch. Unsere Gesellschaft hat verwöhnte "Möchtegerns" herangezogen. Sie wollen nichts leisten, aber dennoch oben stehen. Und man sieht sie auf jeder Veranstaltung, wo ein roter Teppich ausgerollt wird. Sie laufen von Event zu Event. Sie erhaschen Fotos mit berühmten Persönlichkeiten und Schauspielern um so zu tun als ob. Dafür lassen sie sich dann bewundern. Man sieht ihre Post´s auf Instagram und Facebook. 
Für die wahre Kunst den Schauspielens fehlt ihnen die Ernsthaftigkeit. Und wenn sie dann mal einen "Auftrag" bekommen, dann wird dieser als internationaler Durchbruch öffentlich "gefeiert". 
Und dies alles macht den Beruf so unglaublich unschön. Es liegt mir auf dem Herzen, dies immer wieder zu äußern. Weil es denen, die an sich arbeiten, die geduldig sind, die lernen, die eine Ausbildung sehr ernst nehmen, die bereit sind, über sich hinaus zu wachsen es verdient haben, geachtet zu werden. Ich hoffe sehr, dass sich die Zeiten des Hartz 4 TV´s dem Ende neigt. Dass Schauspiel-Kunst wieder in den Focus rückt. Dass TV wieder den  Auftrag ausführt, den es haben sollte. Zu bilden und hochkarätig zu unterhalten. 
Aber es betrifft auch unser Bildungssystem. Darüber schreibe ich im nächsten Blog. 
Ich hoffe, mein Beitrag hat Euch gefallen und ich bin sehr gespannt auf Eure konstruktiven Äußerungen. Eure Carmen Sanne-Salomon, Direktorin der SSA - Stageschool Salomon Academy

Carmen Sanne-Salomon

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